Hilfe für Angehörige
“Ich bin mit meiner Mutter überfordert, die nicht einsieht, dass sie psychisch krank ist und eine professionelle Hilfen benötigt. Was kann ich tun?”
Wichtig ist, dass Sie als Angehörige wissen, dass Sie nicht „für“ Betroffene was tun können, sondern sie begleiten und in ihrem Prozess unterstützen können.
Ihre Mutter ist weiterhin selbstbestimmt und das ist auch in Ordnung so. Sie können versuchen, Ihrer Mutter Fragen zu stellen und Ihr eigene Sorgen äußern und dabei gleichzeitig Ihre Grenzen beachten. Außerdem ist es wichtig zu wissen, dass ein solch schwieriger Prozess oftmals länger dauert und nicht von heute auf morgen geschieht.
Es gibt spezialisierte Beratungsstellen, die die Position der Angehörigen klären, ihnen zuhören und ihre Verantwortung stärken.
Folgende Stellen können Sie als Angehörige professionell beraten:
Angehörige psychisch erkrankter Menschen LV Berlin
KBS – Psychosoziale Kontakt- und Beratungsstellen – (in jedem Bezirk)
Berliner Krisendienst (8x in Berlin)
Gesprächsführung
Wie spreche ich meine Eltern auf das Thema der psychischen Erkrankung an?
Es ist immer gut darzulegen, wie es Ihnen damit geht, anstatt die betroffene Person mit einer Forderung zu konfrontieren. Wenn Sie Fragen stellen, formulieren Sie diese möglichst offen und kommunizieren Sie am besten in sogenannten Ich-Botschaften. Eine Möglichkeit ist auch die Konsequenz anzusprechen, was passieren würde, wenn sich bspw. die Mutter weiterhin sozial zurückzieht. Hilfreich ist auch die/den Hausärzt:in anzusprechen, die/der ein Vertrauensverhältnis zu den Eltern haben und mit der betroffenen Person über mögliche körperliche Beschwerden, wie Schlafstörung, ganz anders sprechen könnten.
Es könnte so lauten wie z.B.:
“Du hast oft Kopfschmerzen und neulich auch Herzprobleme. ICH habe Sorge um deine Gesundheit. Wollen wir gemeinsam zum Arzt gehen?”
“Du hast Gelenkschmerzen und gehst deshalb kaum noch raus. Bewegung und frische Luft sind aber gesund, sozial Kontakte auch. Wollen wir gemeinsam rausgehen oder sollen ich dich zu Frau AY begleiten?”
Tabuthema
“Mein Bruder (21) ist psychisch krank. Meine Eltern wollen, dass ich mit niemandem darüber rede. Ich bin mir nicht sicher, ob meinem Bruder damit geholfen wird.”
Psychische Erkrankungen sind auch in Deutschland oft ein Tabuthema, so dass nicht immer die Freund:innen, Kolleg:innen oder Vorgesetzten am Arbeitsplatz davon erfahren. Die Betroffenen leiden dabei doppelt: einmal an der Krankheit selbst und dazu noch am Versteckspiel. Sprechen Sie aber offen in der Familie mit dem Bruder darüber, was er sich wünscht. Wenn er nicht möchte, dass das Umfeld von seiner Erkrankung erfährt, sollten Sie dies respektieren. Oft ist es so, dass Sie als Angehörige, mit Ihrer Last, jemanden zum Reden brauchen. Hier können Sie Beratungsangebote oder Selbsthilfegruppen für Angehörige wahrnehmen. Weitere Infos z.B. bei: Angehörige psychisch erkrankter Menschen LV Berlin.
Akute Krise
“Woran erkenne ich, dass meine Mutter/mein Vater ernsthaft psychisch erkrankt ist? Und was soll ich in solchen Fällen machen?”
Es ist oft nicht einfach dies einzuschätzen. Bei Unsicherheiten sollten Sie sich beraten lassen durch die Mitarbeitenden der Sozialpsychiatrischen Dienste oder des Berliner Krisendienstes. Dies können Sie mit dem Betroffenen zusammen tun oder sich auch als Angehöriger alleine Rat holen. Den Berliner Krisendienst erreichen Sie rund um die Uhr und täglich. Nähere Informationen unter https://www.berliner-krisendienst.de. Sollte eine ganz akute Situation, mit Selbst- oder Fremdgefährdung, vorliegen und der Betreffende nicht behandlungsbereit sein, ist manchmal auch Polizei und Feuerwehr nötig. Auch bei solchen Entscheidungen kann man sich Hilfe beim Berliner Krisendienst holen.
Behandlung ohne Einwilligung
“Ich habe den Verdacht auf eine psychische Erkrankung bei meiner Mutter. Sie sieht es aber nicht ein und möchte nicht zum Arzt. Lohnt es sich trotzdem, in der vietnamesischsprachigen Ambulanz um einen Termin zu bemühen?”
Nein. Wenn die betroffene Person eine Behandlung verweigert, wird auch kein Termin vergeben. Im Notfall (akute Selbst- und Fremdgefährdung) sollte der Rettungsdienst (112), die Polizei (110) oder örtlicher Sozialpsychiatrischer Dienst angerufen werden. Wenn es nicht akut ist, wäre der Schritt über eine Hausärztin/einen Hausarzt hilfreich. Sie können die körperlichen Beschwerden untersuchen, die möglicherweise mit psychischen Erkrankungen zu tun haben und haben einen ganz anderen Zugang zu Patient:innen als Angehörige.
Vietnamesische Hausärzte gibt es z.B. hier: Allmed.berlin (Mai Thy Phan-Nguyen), Gemeinschaftspraxis opp38 (Dr. med. Viet Dinh Khac)