Depression

Was ist Depression?

Depressive Störungen kommen sehr häufig vor. Sie sind neben Angststörungen der häufigste Grund, warum Patienten psychiatrische oder psychotherapeutische Behandlung in Anspruch nehmen und sie sind einer der häufigsten Gründe für Frühberentungen. Weltweit steht die Depression auf Platz zwei nach Herz- und Gefäßerkrankungen als häufige Ursachen für durch Krankheit verlorene Lebensjahre. Depressionen zählen zu den affektiven Störungen. Eine Depression geht über ein gelegentlich auftretendes Stimmungstief und kurzzeitige Erschöpfungsgefühle hinaus. Im Kern umfasst sie eine veränderte, gedrückte Stimmung, fehlendes Interesse an Dingen, die einem zuvor wichtig waren, mangelnder Antrieb und oft Selbstvorwürfe.

Symptome der Depression

Die Symptome von depressiven Störungen können vielfältig sein und werden nach drei Hauptsymptomen sowie mehreren Zusatzsymptomen nach dem Internationalen Klassifikationssystem (ICD 10 Kapitel F: Psychische Störungen) unterschieden.

Hauptsymptome sind:

  • Depressive, gedrückte Stimmung
  • Interessenverlust und Freudlosigkeit
  • Verminderung des Antriebs mit erhöhter Ermüdbarkeit und Aktivitätseinschränkung

Die Zusatzsymptome können sein:

  • Ein- und Durchschlafstörungen
  • Verminderte Konzentration und Aufmerksamkeit
  • Vermindertes Selbstwertgefühl und Selbstvertrauen
  • Schuldgefühle und Gefühle von Wertlosigkeit
  • Negative und pessimistische Zukunftsgedanken
  • Suizidgedanken, erfolgte Selbstverletzung oder Suizidhandlungen
  • Verminderter oder vermehrter Appetit

Zusätzlich können bei Depression auch sogenannte somatische Symptome auftreten:

  • frühmorgendliches Erwachen, zwei oder mehr Stunden vor der gewohnten Zeit
  • ausgeprägtes Morgentief mit leichter Besserung zum Abend
  • psychomotorische Hemmung oder Agitiertheit
  • deutlicher Appetitverlust
  • Gewichtsverlust, häufig mehr als 5 % des Körpergewichts innerhalb eines Monats
  • deutlicher Libidoverlust

Wenn mindestens zwei Wochen lang an fast jedem Tag mindestens zwei von drei Hauptsymptomen und mindestens zwei Zusatzsymptome auftreten, dann lässt sich eine depressive Episode diagnostizieren. Je mehr Haupt- und Zusatzsymptome auftreten, desto schwerer ist die Depression.

Die Wahrnehmung von Symptomen einer Depressionen variiert zwischen Kulturen und sozialen Bevölkerungsgruppen. Eine Untersuchung an den Spezialambulanzen für Vietnamesische Migrant*Innen in Berlin (Charité CBF, und KEH) konnte zeigen, dass vietnamesische Patienten mit Depression häufiger körperbezogene Symptome, vor allem Kopfschmerzen, Rückenschmerzen, Gelenkschmerzen und Schwindelgefühle, beschreiben als die deutsche Vergleichsgruppe mit Depression. Neben Schmerzbeschwerden kommen die Betroffenen oft wegen anhaltender Vergesslichkeit und Schlafstörungen sowie Konzentrationsstörungen zum Psychiater oder Hausarzt.

Häufigkeit

Das Risiko, im Laufe des Lebens an einer depressiven Episode zu erkranken, liegt bei bis zu 20 %, d. h. bis zu einer von fünf Menschen leidet mindestens einmal im Leben an einer Depression. Aktuell sind in Deutschland 3 Millionen Menschen an einer behandlungsbedürftigen Depression erkrankt. Schätzungsweise leiden ebenso viele Einwohner in Vietnam ebenfalls an einer Depression. Frauen erkranken häufiger an Depression als Männer. Depressionen können in jedem Lebensalter auftreten, wobei das Risiko, an einer Depression zu erkranken, mit dem Alter zunimmt. Wenn Verwandte an einer Depression erkrankt sind, besteht ein etwas erhöhtes Erkrankungsrisiko.

Wie verläuft die Erkrankung?

Depressionen verlaufen häufig episodisch. Die ersten Krankheitsepisoden sind häufig zeitlich begrenzt und können auch ohne therapeutische Maßnahmen abklingen. Es gibt auch Menschen, die im Leben lediglich ein einziges Mal an einer depressiven Episode leiden. Ein Teil der Patienten, insbesondere jene mit mehreren Episoden, kann an einer chronischen depressiven Störung leiden. Sie haben über zwei Jahren hinweg oft weniger schwere, jedoch anhaltende depressive Symptome und leiden meist an anhaltenden Antriebsstörungen und verminderter Dauerbelastbarkeit. Außerdem kann die Depression im Rahmen einer sogenannten „bipolar affektiven Störung“ auftreten, hier treten neben depressiven auch manische bzw. hypomane Episoden auf.

Welche Folgen hat eine Depression?

Die Symptome der Depression führen zu einer starken Beeinträchtigung der körperlichen und psychischen Befindlichkeit. Depressionen schränken die Alltagsaktivitäten, das Arbeitsleben, das soziale Leben und daher auch die Arbeitsfähigkeit der Betroffenen ein. Im Rahmen einer depressiven Episode ist das Suizidrisiko zudem erhöht. So sollte man dringend sofort professionelle Hilfe in Anspruch nehmen, wenn Suizidgedanken als Symptom einer Depression auftreten.

Viele körperliche Erkrankungen, insbesondere chronische Erkrankungen, können mit depressiven Symptomen einhergehen bzw. das Risiko für eine Depression erhöhen. Umgekehrt haben Patienten mit einer Depression ein erhöhtes Risiko für verschiedene somatische Erkrankungen. Im Rahmen der depressiven Episode treten zahlreiche Erkrankungen gehäuft auf oder verlaufen schwerer. Dies betrifft z. B. Herz-Kreislauf-Erkrankungen, Hypertonus, Infektionserkrankungen, Asthma, Allergien, Diabetes und Migräne.

Welche Behandlungsmöglichkeiten gibt es?

Am besten ist es, Depressionen gar nicht erst voll entstehen zu lassen. Mit frühzeitigen psychosozialen präventiven Maßnahmen, z. B. Stressmanagement, Verbesserung der Work-Life-Balance, Stärkung des sozialen Netzwerks, Bewegung oder auch Achtsamkeitsverfahren kann Depressionen vorgebeugt werden. Wenn eine depressive Episode erst einmal besteht, dann reichen diese Maßnahmen oft nicht mehr, sodass eine ambulante oder stationäre Behandlung empfehlenswert ist. Bei einer leichten depressiven Episode erfolgt eher eine ambulante psychotherapeutische Behandlung.

Die Therapiemöglichkeiten umfassen u. a. psychopharmakologische Therapien, Psychotherapien und psychosoziale Maßnahmen. Es stehen zahlreiche Psychopharmaka mit geringen Nebenwirkungen und guter antidepressiver Wirksamkeit zur Verfügung. Hierzu zählen die Selektiven Serotonin-Wiederaufnahmehemmer (SSRIs) (z. B. Sertralin, Escitalopram), die Selektiven SerotoninNoradrenalinWiederaufnahmehemmer (SSNRI) (z. B. Venlafaxin, Duloxetin) und auch schlafunterstützende Alpha-2-Rezeptor-Antagonisten (z. B. Mirtazapin).

Die Psychotherapie, insbesondere die kognitive Verhaltenstherapie, zeigt sehr gute Wirksamkeit in der Behandlung von Depressionen. Außerdem spielen weitere unterstützende Therapieverfahren wie Ergotherapie, Soziotherapie, häusliche Krankenpflege eine wichtige therapeutische Rolle. Zudem sind Selbsthilfegruppen, betreutes Einzelwohnen, Sport- und Aktivitätsangebote sowie Arbeitsangebote wichtige unterstützende Maßnahmen, die auch Rückfällen vorbeugen können.

Wenn ein Mensch an einer Depression erkrankt ist, betrifft dies immer auch die Familie und Angehörige. Soweit möglich, sollten sich Angehörige unterstützend und verständnisvoll gegenüber den depressiven Symptomen wie Antriebsstörungen, Erschöpfbarkeit, gedrückter Stimmung und häufigen pessimistischen Äußerungen verhalten. Dieser Umgang fällt oft nicht leicht, da sie das depressive Erleben oft nur schwer nachvollziehen können und die mangelnde Energie und Unfähigkeit Freude zu empfinden sich auch auf die Angehörigen auswirkt. Diese sozialen Auswirkungen von Depressionen, wie z. B. Probleme in der Familie und in sozialen Beziehungen, Ablehnung von Vorschlägen und negatives Denken, sollten auch mit professioneller Unterstützung besprochen werden, um gemeinsame Lösungen und ein Verständnis füreinander zu entwickeln. Oft erweist sich hier auch eine Angehörigengruppe als hilfreich. Eine frühzeitige Diagnose, konsequente Behandlung und psychotherapeutische und psychosoziale Unterstützung bei erhaltener sozialer Einbettung wirken sich günstig auf den Verlauf depressiver Störungen aus.

Verfasst von:

Dr. Thi Minh Tam Ta (Charité CBF, Leiterin der Spezialambulanz für vietnamesische Migranten)

Quellen:

Dreher, A. et al. Cultural differences in symptom representation for depression and somatization measured by the PHQ between Vietnamese and German psychiatric outpatients. J Psychosom Res. 102, 71-77 (2017).
Wolf, S. et al. Migration-related stressors and their effect on the severity level and symptom pattern of depression among Vietnamese in Germany. Depression research and treatment (2017).
Otte, C. et al. Major depressive disorder. Nature Review Disease Primer 2 (2016).
PatientenLeitlinie zur Nationalen VersorgungsLeitlinie Depression, 2. Auflage (2016). verfügbar hier.